Am 21. November 2006 hielten Harald Lützenkirchen und Wolfgang Beutin einen Vortrag über Kurt Hiller. Er fand statt in der Geschichtswerkstatt Eimsbüttel in Hamburg, Sillemstr. 79.

Die Geschichtswerkstatt des Hamburger Stadtteils Eimsbüttel ist ein sehr engagierter Verein, der durch Vorträge, Ausstellungen, Bücher und Stadtteilrundgänge die Geschichte des Stadtteils erforscht und öffentlich kundtut. Die wöchentlichen Vorträge im November/Dezember stehen unter dem Oberthema "Sozialisten in Eimsbüttel". Da Kurt Hillers Hamburger Wohnung in der Hallerstraße zum Bezirk Eimsbüttel gehört, berücksichtigte Frau Sielke Salomon von der Geschichtswerkstatt Eimsbüttel Kurt Hiller in ihren Planungen und lud uns ein, an einem Vortragsabend Kurt Hiller vorzustellen. Am 21. November fand in der "Galerie Morgenland" in Eimsbüttel dieser Abend statt. Ein Prospekt in einer Auflage von 1500 Exemplaren warb für die Vortragsreihe "Sozialisten in Eimsbüttel".

Mit mehr als 20 Zuhörern war der Vortragsraum recht gut gefüllt. Zunächst sprach Sielke Salomon einleitende Worte über Kurt Hiller und andere Sozialisten in Eimsbüttel (u.a. Herbert Wehner und Alfred Kantorowicz). Anschließend stellte Harald Lützenkirchen in 40minütigem Vortrag Person und Werk Kurt Hillers den Anwesenden vor. Schließlich erzählte Wolfgang Beutin 30 Minuten lang Anekdoten aus seinen Begegnungen mit Kurt Hiller, anhand seines Artikels "Saß in seiner Höhle und wartete" aus dem 1998 erschienenen Buch "Zu allererst antikonservativ". Abschließend wurden aus den Reihen der Zuhörer Fragen gestellt und diskutiert. Der Abend verlief in sehr angenehmer Atmosphäre. Wir sind dieser rührigen Geschichtswerkstatt sehr dankbar für die Gelegenheit, Kurt Hiller in Eimsbüttel vorgestellt zu haben.
Sielke Salomon reflektierte den Abend wie folgt: "Für Ihren ausgezeichneten Vortrag möchte ich mich, auch im Namen der anderen Morgenländerinnen und des Vorstands, ganz herzlich bedanken. Die Arbeitsteilung zwischen Ihnen und Wolfgang Beutin war ideal, das Zuhören eine Freude. Wir haben viele sehr positive Rückmeldungen bekommen. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen - spätestens zur Ausstellung 2010". [in der Hamburger Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky]
Wolfgang Beutin erzählte 2 Anekdoten, die nicht in seinem erwähnten Artikel stehen. Hiller hatte sie ihm so erzählt, wie folgt.
Eine offene Frage war bisher, warum Hiller nicht wie andere Literaten im 1.Weltkrieg zum Militär einberufen wurde. 1914 wurde Hiller vorgeladen. Zur Musterung hatte er sich 3 Tage nicht rasiert, hatte also einen unansehnlichen Stoppelbart, zog sich einen Schlapphut an und erschien mit der Mutter im Arm zur Musterung. Er äußerte, er wolle zum Militär, aber eine solche Gestalt wurde vom Militär abgelehnt.
Eine andere Frage: warum lehnte Hiller so schroff den Schriftsteller Ludwig Marcuse ab? Kurz nach dem Tod des Vaters fuhr der junge Hiller mit seiner Mutter nach Norderney; jüdische Tradition, nachdem Heinrich Heine dort gewesen war. Die Mutter lernte auf der Insel einen Mann namens "Marcuse" kennen; Hiller wurde körperlich krank wegen des Gedankens, seine Mutter könne einen neuen Partner finden; der Arzt empfahl sofortige Rückkehr nach Berlin. Ab da hatte Hiller vielleicht die Assoziation: Marcuse - heftige Krankheit. Allerdings hat Hiller dann nicht jeden "Marcuse" schroff abgelehnt; den Philosophen Herbert Marcuse lehnte Hiller wegen seiner Gedanken moderat ab, aber nicht den Sexualforscher Max Marcuse.