Programm der Tagung:

OFFENE FRAGEN DER KURT-HILLER-FORSCHUNG

11.00 Uhr Begrüssung: Prof. Dr. Georg Fülberth; Dr. Till Böttger (1.Vorsitzender der Kurt Hiller Gesellschaft)

11.15 Uhr Dr. Till Böttger (Leipzig): Lücken in der Erforschung von Leben und Werk Kurt Hillers

11.45 Uhr Dr. Harald Lützenkirchen (Neuss): der Nachlass Kurt Hillers

12.15 Uhr Diskussion

13.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Vorstellung der Rundfunkdiskussion zwischen Kurt Hiller und Walter Detlef Schultz aus dem Jahre 1958 als Tondokument

15.00 Uhr Öffentliche Mitgliederversammlung der Kurt Hiller Gesellschaft

17.00 Uhr Ende

Tagungsort:

Kanada-Saal der Universitätsbibliothek Marburg, Wilhelm-Röpke-Strasse 4

Oberhessische Presse. Marburg. 6.10.2003:

von Sylvia Krause

Marburg. Kurt Hiller war einer der wichtigsten Publizisten der Weimarer Zeit. Eine Tagung beschäftigte sich mit dem streitbaren Intellektuellen.

"Hiller war ein kompromißloser Mensch, aber diese Geradlinigkeit fehlt heutzutage", sagte Dr. Till Böttger, Vorsitzender der Kurt-Hiller-Gesellschaft. Hiller, 1885 in Berlin geboren, schrieb seine juristische Dissertation zu einem auch heute noch provokanten Thema "Das Recht über sich selbst", wobei nur ein Teil unter dem Titel "Die kriminalistische Bedeutung des Selbstmordes" anerkannt wurde.

Hiller betätigte sich in der Folgezeit als Schriftsteller. Hiller begründet den Literarischen Aktivismus, der Literatur in den Dienst politischen Eingreifens stellen will.

Hiller gehörte zu den Verfolgten des Nazi-Regimes. Er wurde ins Konzentrationslager Oranienburg eingeliefert, emigrierte 1934 nach Prag und 1938 nach London.

1955 kehrte er nach Deutschland zurück und starb 1972 in Hamburg. Zu seinem Nachlass gehören allein 20.000 Briefe. Zu den wichtigsten Korrespondenten zählen Klaus Mann oder der Historiker Ludwig Quidde. "Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Hiller mit wesentlichen Personen der Politik und Literatur korrespondiert", sagte Böttger. Es existieren Briefe von Willi Brand oder Helmut Schmidt.

Mehr als 30 Jahre erhielt aufgrund der Weigerung des Nachlassverwalters niemand Zugang zu Hillers Nachlass. Nach dessen Tod haben Privatpersonen den Nachlass erworben, und die 1998 gegründete Kurt-HilIer-Gesellschaft beschäftigt sich nun mit der Ordnung der Briefe, Manuskripte und Bücher. Während der Tagung der Gesellschaft und des Instituts für Politikwissenschaften der Philipps-Universität kam es zu einer Bestandsaufnahme über den derzeitigen Forschungsstand und die zukünftige Forschung zu Hiller. "Hiller war ein kritischer Geist, der sämtliche Vorgänge analysierte", sagte Bottger. Der Schriftsteller gehöre zu den wichtigsten Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts und sollte über die Literaturwissenschaften hinaus auch von der Politikwissenschaft und den Juristen bearbeitet werden.

Marburger Neue Zeitung. 7.10.2003:

Marburg (ram). Mit dem Lebenswerk des bekannten Schriftstellers und Ideologen Kurt Hiller beschäftigte sich eine Fachtagung, zu der die Kurt-Hiller-Gesellschaft und die Marburger Philipps-Universität eingeladen hatten. In der Universitätsbibliothek konnten Till Böttger, Vorsitzender der Hiller-Gesellschaft, und der Marburger Politik-Professor Georg Fülberth eine kleine Anzahl von interessierten Gästen begrüßen.

Irn Mittelpunkt der Tagung stand ein Referat von Dr. Harald Lützenkirchen, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Gesellschaft. Er sprach über den Nachlass des 1885 in Berlin geborenen und 1972 in Harnburg gestorbenen Kurt Hiller. Dieser Nachlass war bis zum vergangenen Jahr für die Öffentlichkeit nicht zugänglich: Nachlassverwalter Horst Müller hatte sich 30 Jahre lang geweigert, das Erbe von Kurt Hiller öffentlich zu machen. Erst nach Müllers Tod konnte die Kurt-Hiller-Gesellschaft den Nachlass von Hillers Erben erwerben. Die Gesellschaft übernahm damit rund 20 000 Briefe - darunter Schreiben an viele Prominente wie Willy Brandt, Kurt Tucholsky, Max Brod oder Erich Kästner - sowie eine große Zahl von Postkarten, Büchern und Gemälden.Lützenkirchen hofft, dass dieses Material die Forschung zu noch offenen Fragen über Hiller beleben wird. Vor allem den Wert der Postkarten, die erstmals Zeugnisse von Hillers Korrespondenz vor 1933 ablegen, schätzt Lützenkirchen sehr hoch ein. Diese Zeitdokumente seien glücklicherweise von den Nazis bei einer Hausdurchsuchung irn Jahr 1933, bei der viele andere Briefe gestohlen wurden, übersehen worden und stellten daher die bislang einzige Quelle zu Hillers Jugendjahren dar, betonte Lützenkirchen.

Tonbandaufnahme

Teil der Hiller-Tagung waren Fachvorträge, ein Vortrag von Thilo Böttgers zu offenen Fragen der Hiller-Forschung und eine Tonbandaufnahme eines Gespräches von Hiller mit seinem Freund Walter D. Schultz aus dem Jahr 1959. Ergänzt wurde dieses Programm durch eine kleine Ausstellung mit persönlichen Exponaten wie dem Reisepass Hillers sowie verschiedenen Fotos und Artikeln des Schriftstellers.

Kurt Hiller ist bekannt geworden als Wegbegleiter Carl von Ossietzkys und Kurt Tucholskys im ausgehenden Kaiserreich und der anschließenden Weimarer Republik. Er gilt als Begründer des literarischen Aktivismus in Deutschland, einer Bewegung, die Literatur gezielt in den Dienst des politischen Eingreifens stellte. Zudem war er 1918 einer der Führer der Friedensbewegung und setzte sich auch maßgeblich für die Rechte Homosexueller ein. So ist eines seiner bedeutendsten Werke ein Gegenentwurf zum Strafgesetzbuch von 1924, in dem er die Strafbarkeit von Homosexualität anprangerte. Außerdem beschäftigte er sich in seinen Werken mit der auch heute noch aktuellen Diskussion um das Recht des Menschen an seinem eigenen Körper.

Als erklärter Feind der Nazis emigrierte Hiller 1934 nach Prag und 1938 von dort nach London. Nach Deutschland kehrte er erst 1955 zurück. Informationen finden Interessierte auch im Internet unter der Adresse www.hiller-gesellschaft.de.